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Vermisst im Einsatz: Der Bürgermeister von Gramsbergen in der Kriegszeit

Der Bürgermeister Sam Van Voerst van Lynden, die zentrale Figur des Widerstands in der Gemeinde Gramsbergen, wurde während des Krieges zweimal von den Deutschen verraten und gefangen genommen. Beim ersten Mal wurde er nach kurzer Zeit wieder freigelassen, beim zweiten Mal kehrte er nicht mehr zurück. Trotz mehrerer erfolgloser Suchaktionen wurde er Anfang der 1950er Jahre offiziell als vermisst gemeldet.

Samuel Willem Alexander Baron van Voerst van Lynden wurde am 29. August 1904 in Ubbergen geboren und war mit der Jonkvrouw Johanna de Beaufort verheiratet. Sie wohnten auf dem Landgut De Groote Scheere in Holthone, einem Weiler in der Gemeinde Gramsbergen. Im August 1939 wurde er zum Bürgermeister von Gramsbergen ernannt. Die dramatischen Ereignisse, die nach dem deutschen Einmarsch im Mai 1940 in den Niederlanden eintraten, sollten seine Führungsqualitäten bald auf die Probe stellen.

Er wurde schnell zum Dreh- und Angelpunkt des Widerstands in Gramsbergen, mit dem Rathaus als zentralem Stützpunkt. Gemeinsam mit seinen Beamten führte er zahlreiche illegale Aktivitäten durch, wie zum Beispiel das Fälschen von Ausweispapieren. Außerdem gewährten er und seine Frau Widerstandskämpfern, alliierten Piloten abgestürzter Flugzeuge, geflohenen Kriegsgefangenen und anderen Personen, die vor der deutschen Unterdrückung flohen, auf ihrem Anwesen Unterschlupf, und er war eine prominente Persönlichkeit des Widerstands und Bezirkskommandant des Ordnungsdienstes (später der Inneren Streitkräfte). Durch Verrat wurde er zweimal von den deutschen Besatzern gefangen genommen. Das erste Mal war im Herbst 1943. Wegen des Verdachts auf Widerstandsarbeit wurde er von den Deutschen im berüchtigten Gefängnis von Scheveningen, dem so genannten Oranjehotel, inhaftiert. Der Name bezieht sich auf die vielen Widerstandskämpfer, die dort vom deutschen Regime inhaftiert wurden.

Der Bürgermeister wurde dort etwa sechs Wochen lang festgehalten und verhört. Aus Mangel an Beweisen wurde er freigelassen. Obwohl er wusste, dass die deutschen Besatzer und ihre Kollaborateure ihn genau beobachteten, hielt ihn das nicht davon ab, seine Widerstandsarbeit nach seiner Freilassung fortzusetzen. Es gelang ihm noch mehrere Jahre lang, sich der Verhaftung zu entziehen, bis zu jenem schicksalhaften Donnerstag, dem 4. Januar 1945.

An diesem Nachmittag raste ein SS-Überfallwagen auf das Gelände des Rathauses. Die übrigen Beamten, darunter auch der Bürgermeister, wurden verhaftet und nach Hollandscheveld gebracht. Dort spielten sich unmenschliche Szenen ab. Der Bürgermeister wurde dann nach Assen überführt, wo er mehrere Wochen lang festgehalten wurde. Während dieser Zeit konnte seine Frau ihn mehrmals besuchen.

Am 16. März wurde er mit dem Zug in das Konzentrationslager Neuengamme in Deutschland transportiert. Wo er danach blieb, ist trotz zahlreicher Nachforschungen bis heute unbekannt. Es heißt, dass er am 26. oder 27. März 1945 erneut deportiert wurde, diesmal fast ausschließlich mit Russen und Polen. Das Ziel ist unbekannt. Es wurde auch berichtet, dass er am 9. April 1945 in das Lager Bergen-Belsen gebracht wurde. Nichts davon wurde jemals bestätigt.

Während alle am 4. Januar 1945 verhafteten Beamten nach Gramsbergen zurückkehrten, kehrte der Bürgermeister nicht zurück und erlebte die Befreiung von Gramsbergen am 6. April 1945 nicht mehr. Durch königlichen Erlass vom 2. Dezember 1949 wurde Van Voerst van Lynden als Bürgermeister von Gramsbergen ehrenvoll entlassen. Ein Jahr später wurde der Baron offiziell für tot erklärt. Seine Witwe legte gegen diese Entscheidung Berufung ein und gewann den Prozess. Das Landgericht Almelo hob das Urteil auf. Seitdem gilt der ehemalige Bürgermeister von Gramsbergen offiziell als vermisst.

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